Disqualifikation von Geschäftsführern und Vorstandsmitgliedern bei strafgerichtlichen Verurteilungen

Mit 1. Jänner 2024 trat in Umsetzung der EU-Digitalisierungs-Richtlinie das Gesellschaftsrechtliche Digitalisierungsgesetz 2023 (GesDigG 2023) in Kraft. Regelungsinhalt ist der Ausschluss von Personen zur Besetzung einer Funktion als Geschäftsführer oder Vorstandsmitglied (Disqualifikation), im Falle einer strafgerichtlichen Verurteilung aufgrund der Begehung eines wirtschaftsnahen Deliktes.

Das GesDigG 2023 findet auf Kapitalgesellschaften (GmbH, FlexKap, AG, SE) und – über die Vorgaben der Richtlinie hinaus – auf Genossenschaften Anwendung. Das neue Gesetz soll dem Schutz des Geschäftsverkehrs dienen und betrügerischen oder anderweitig missbräuchlichen Verhalten der Führungsebene entgegenwirken. Ziel ist es, die Verlässlichkeit vertretungsbefugter Organe zu gewährleisten und das Vertrauen von Geschäftspartnern in diese zu bekräftigen.

Bisherige Rechtslage

Das österreichische Gesellschaftsrecht sah bislang – anders als die Gewerbeordnung – keine Regelungen bezüglich Bestellungshindernisse oder Ausschlussgründe von Geschäftsführern und Vorstandsmitgliedern im Zusammenhang mit der Begehung von strafbaren Handlungen vor.

Neue Rechtslage

Geschäftsführer oder Vorstandsmitglied darf nicht sein oder werden, wer wegen (i) der Begehung eines im Gesetz taxativ aufgezählten Deliktes (ii) rechtskräftig zu einer mehr als sechsmonatigen Freiheitsstrafe verurteilt worden ist. Wird der Tatbestand erfüllt, tritt die Rechtsfolge der Disqualifikation ex lege mit der rechtskräftigen Verurteilung ein.

Zu den Delikten, welche zu einer Disqualifikation führen können, zählen ua gemäß § 15 Abs 1a GmbHG und § 75 Abs 2a AktG:

  • Betrug (§ 146 StGB)
  • Untreue (§ 153 StGB)
  • Förderungsmissbrauch (§ 153b StGB)
  • Vorenthalten von Dienstnehmerbeiträgen zur Sozialversicherung (§ 153c StGB)
  • Organisierte Schwarzarbeit (§ 153e StGB)
  • Betrügerische Krida (§ 156 StGB) oder Gläubigerschädigung (§ 157 StGB)
  • Abgabenbetrug (§ 39 FinStrG)
  • Grenzüberschreitender Umsatzsteuerbetrug (§ 40 FinStrG)

Relevant sind ausschließlich nach dem 31.12.2023 in Rechtskraft tretende inländische als auch ausländische Verurteilungen aufgrund vergleichbarer strafbarer Handlungen.

Strafgerichte können eine Disqualifikation gemäß § 44 Abs 2 StGB aus spezial- oder generalpräventiven Gründen bedingt nachsehen, wobei dies gemäß § 19a Abs 3 FBG bei einer Neuanmeldung dem Firmenbuchgericht unter Erbringung eines Nachweises bekannt zu geben ist.

Die Disqualifikation endet nach Ablauf von drei Jahren ab Rechtskraft der Verurteilung ex lege (temporärerer Ausschluss).

Rechtsfolgen

Neueintragung disqualifizierter Personen im Firmenbuch

Gemäß § 19a Abs 1 FBG stellt die Disqualifikation ein Eintragungshindernis dar, weshalb disqualifizierte Personen nicht als Geschäftsführer oder Vorstandsmitglieder in das Firmenbuch eingetragen werden dürfen. Diesbezüglich hat das Firmenbuchgericht amtswegig eine automationsunterstützte Abfrage aus dem Strafregister (Vorprüfung) und erforderlichenfalls eine Strafregisterauskunft einzuholen.

Verfahren bei bereits im Firmenbuch eingetragenen disqualifizierten Organen

Ist eine disqualifizierte Person bereits im Firmenbuch eingetragen, hat sie gemäß § 16a Abs 3 GmbHG ihren Rücktritt zu erklären, welcher nach Ablauf einer 14-tägigen Frist, zur Gewährleistung der Möglichkeit einen Ersatz zu finden, wirksam wird. Wird der Rücktritt nicht erklärt, so kann das disqualifizierte Organ (aus wichtigem Grund) abberufen werden. Eine Disqualifikation führt somit nicht automatisch zur Beendigung der Funktion, weshalb Vertretungshandlungen weiterhin wirksam bleiben.

Hat die disqualifizierte Person ihren Rücktritt nicht erklärt und wurde sie auch nicht abberufen, so obliegt dem Firmenbuchgericht die amtswegige Löschung im Firmenbuch. Hierzu hat das Firmenbuchgericht nach Kenntnisnahme, etwa aufgrund einer automationsunterstützten Verständigung im Falle einer Verurteilung, die Gesellschaft unter Setzung einer Frist von zwei Monaten, zur Abberufung und erforderlichenfalls Bestellung eines anderen gesetzlichen Vertreters, zu verständigen. Lässt die Gesellschaft die Frist untätig verstreichen, hat das Firmenbuchgericht einen Löschungsbeschluss zu erlassen. Nach Rechtskraft des Beschlusses und Ablauf von 15 Tagen nach Eintragung der Löschung wird die Abberufung wirksam und die disqualifizierte Person kann keine Vertretungshandlungen mehr setzen.

Fazit

Das Gesellschaftsrechtliche Digitalisierungsgesetz 2023 bringt praxisrelevante Änderungen mit sich. So bietet es sich an, vor der Bestellung von Geschäftsführern bzw. Vorstandsmitgliedern vorab eine entsprechende Erklärung anfordern, dass die Voraussetzungen eine Disqualifikation nicht vorliegen, um kurzfristige Umbestellungen zu vermeiden.

Zu beachten ist, dass Vertretungshandlungen disqualifizierter Personen nicht per se unwirksam werden und die Gesellschaft unrichtige bzw. unrichtig gewordene Eintragungen dem Dritten gegenüber im Geschäftsverkehr gegen sich gelten lassen muss.

Insgesamt ist das neue Gesetz sehr zu begrüßen, da es mit klaren gesetzlichen Regelungen für mehr Verlässlichkeit im Geschäftsverkehr sorgt und dazu beiträgt, das Vertrauen in die Führungsebene von Gesellschaften zu stärken.

 

Unser Team berät Sie gerne umfassend in allen gesellschaftsrechtlichen Angelegenheiten. Ihre Ansprechpartner Dr. Kornelia Waitz-Ramsauer LL.M. und Mag. Sabrina Siebenhandl finden Sie hier.

     

Disclaimer: Dieser Beitrag dient lediglich zur allgemeinen Information und ersetzt keine individuelle Rechtsberatung. Für die Richtigkeit, Aktualität und Vollständigkeit wird von Waitz Haselbruner Rechtsanwälte GmbH keine Haftung übernommen.