Sachverhalt
Unser Mandant als Beklagter beauftragte die Klägerin (als Werkunternehmerin) im Rahmen eines Auswärtsgeschäfts mit Werkarbeiten (Montage einer Photovoltaikanlage samt Zubehör) zu einer aus Sicht unseres Mandanten vereinbarten Pauschale. Die Klägerin hat die Werkarbeiten vollständig erbracht, behauptete eine Regieabrechnung und begehrte mittels Klage den Differenzbetrag. Unser Mandant überwies bereits vor Klagseinbringung den aus seiner Sicht vereinbarten Pauschalbetrag.
Wir brachten im Verfahren vor, dass der eingeklagte Betrag das Angebot der Klägerin übersteige und keine Aufklärung über das Rücktrittsrecht nach dem FAGG erfolgte, weshalb auch der Rücktritt vom gegenständlichen Vertrag erklärt wurde. Im Beweisverfahren zeigte sich, dass die Klägerin bzw. deren Mitarbeiter unseren Mandanten nicht über das Rücktrittsrecht informiert hatten.
Das Klagebegehren der Klägerin wurde in 1. Instanz (nicht rechtskräftig) abgewiesen und vom erkennenden Gericht festgehalten, dass der Rücktritt rechtmäßig erfolgte und die Klägerin aufgrund des berechtigten Rücktritts keinen Werklohnanspruch gegen unseren Mandanten hat. Eine unrechtmäßige Bereicherung unseres Mandanten könne auch nur dann geltend gemacht werden, wenn der Vertrag bereits in der Absicht geschlossen wurde, sich durch späteren Rücktritt rechtsmissbräuchlich zu bereichern, was jedoch nicht bewiesen habe werden können.
Rechtslage
Nach dem FAGG haben Unternehmer Verbraucher bei Bestehen eines Rücktrittsrechts über die Bedingungen, die Fristen und die Vorgangsweise für die Ausübung dieses Rechts, dies unter Zurverfügungstellung des Muster-Widerrufsformulars gemäß Anhang I Teil B, zu informieren. Ein Verbraucher kann binnen 14 Tagen von einem Fernabsatzvertrag oder einem außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Vertrag ohne Angabe von Gründen zurücktreten, diese 14-tägige Frist beginnt bei Dienstleistungsverträgen mit Vertragsabschluss. Unterbleibt die Informationserteilung, so verlängert sich die Rücktrittsfrist um zwölf Monate.
Tritt der Verbraucher nach Beginn der Vertragserfüllung rechtswirksam von einem Werkvertrag zurück, wäre er grundsätzlich zur Zahlung des bis dahin angefallenen, verhältnismäßigen Werklohns verpflichtet. Diese anteilige Zahlungsverpflichtung des Verbrauchers besteht dann nicht, wenn der Werkunternehmer seiner genannten Informationspflicht nicht nachkommt. Dies hat auch der Europäische Gerichtshof (zuletzt Rs C-97/22) unter Bezugnahme auf die Sicherstellung eines hohen Verbraucherschutzniveaus bestätigt.
Zusammenfassung
Bei Unterlassung der Informationspflicht über das Rücktrittsrecht verlängert sich nicht bloß die Rücktrittsfrist des Verbrauchers, sondern entfällt bei Dienstleistungsverträgen (und auch Werkverträgen) der Entgeltanspruch des Unternehmers.
Zur Vermeidung eines teilweisen oder gänzlichen Entfalls des Entgeltanspruchs gegenüber Verbrauchern empfiehlt sich daher eine rechtmäßige Informationserteilung, insbesondere über das gesetzlich zustehende Rücktrittsrecht samt Bedingungen, Fristen und Vorgangsweise zur Ausübung des Rücktrittsrechts.
Unser Team unterstützt und berät Sie gerne, damit der Entgeltanspruch Ihres Unternehmens nicht – wie in diesem Fall – durch eine unterlassene Belehrung über das Rücktrittsrecht gefährdet wird.
Autor: Rechtsanwaltsanwärter Mag. Peter Ullmann
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