Die oberösterreichische Bauordnung (im Folgenden kurz: „Oö. BauO“) wurde am 15.06.2021 mit der umfangreichen Baurechtsnovelle (LGBI OÖ 2021/55) abgeändert und an aktuelle Rechtsproblematiken angepasst. Mit 01.09.2021 sind die Änderungen und neuen Regelungen in Kraft getreten.
In diesem Beitrag widmen wir uns der Einführung des neuen § 49a Oö. BauO:
Bisher geltende Regelung: Bewilligungslose bauliche Anlagen gemäß § 49 Oö. BauO
In der Praxis kommt es immer wieder vor, dass Bauvorhaben im Zuge der Bauausführung oder durch Zu-/Umbauten vom bewilligten Bauplan abweichen und in weiterer Folge (rechtswidrig) bestehen bleiben. Die Konsequenzen dieser Rechtswidrigkeit wurden bis dato nur in § 49 Oö. BauO festgelegt. Demnach gilt Folgendes:
Stellt die Baubehörde fest, dass eine bewilligungspflichtige bauliche Anlage ohne Baubewilligung ausgeführt wird oder ausgeführt wurde, hat sie dem Eigentümer der baulichen Anlage mit Bescheid Folgendes aufzutragen:
- Entweder die nachträgliche Beantragung der Baubewilligung innerhalb einer angemessen festzusetzenden Frist („nachträgliche Baubewilligung“), oder sofern die nachträgliche Bewilligung nicht möglich ist, weil etwa die aktuelle Rechtslage eine solche nicht zulässt,
- die Beseitigung der baulichen Anlage innerhalb einer angemessenen Frist und gegebenenfalls die Wiederherstellung in den vorigen Zustand.
Bei der Bewertung, ob eine nachträgliche Bewilligung möglich ist, ist immer die aktuelle Rechtslage maßgeblich. Dies kann eine besondere Problematik darstellen, wenn beispielsweise auch die kleinste Abweichung (zB aufgrund von brandschutztechnischen Maßnahmen) nicht bewilligt werden kann, selbst wenn es sich nur um wenige Zentimeter handelt. Die bisherige Rechtslage sah in diesen Fällen nur die Entfernung des gesamten Gebäudes vor.
Das kann Betroffene vor erhebliche wirtschaftliche und finanzielle Probleme stellen.
Erleichterungen bei Abweichungen von der ursprünglichen Baubewilligung gemäß § 49a Oö. BauO
Im Zuge der Oö. Baurechtsnovelle 2021 wurde § 49a Oö. BauO neu hinzugefügt. Dieser sieht eine Sanierungsmöglichkeit bei Abweichungen von der ursprünglichen Baubewilligung vor. Mit dem neuen § 49a Oö. BauO sollen zB Härtefälle (Abriss, weil aufgrund geringfügiger Abweichungen keine nachträgliche Bewilligung erteilt werden kann) abgefedert werden.
Im neuen § 49a Oö. BauO gelten Abweichungen bei bestehenden Bauten dann als rechtmäßig, wenn
- ursprünglich eine Baubewilligung erteilt wurde, oder
- ein Baukonsens vermutet werden kann und
- die Abweichungen seit mindestens 40 Jahren bestehen und dies bescheidmäßig festgestellt wird.
Das Bestehen einer Abweichung von der Bewilligung über eine derart lange Zeitdauer von 40 Jahren lässt das zwingende öffentliche Interesse an der Herstellung eines bewilligungskonformen Zustands gegenüber den Interessen der Eigentümer zurücktreten. Zu den rechtlich sanierungsfähigen Abweichungen zählen auch Zu- und Umbauten sowie Änderungen hinsichtlich der lagemäßigen Ausführung oder des Verwendungszwecks.
Die Feststellung, ob ein rechtmäßiger Bestand der Abweichung vorliegt, obliegt grundsätzlich der Baubehörde von Amtswegen. Sie kann allerdings auch vom Eigentümer unter Vorlage der im Bauplan dargelegten Abweichungen beantragt werden.
Die neue Regelung lässt bewusst jene Bauten außen vor, für die nie eine Baubewilligung erteilt wurde oder kein vermuteter Baukonsens angenommen werden kann (sogenannte „Schwarzbauten“). „Schwarzbauten“ sind also vom Anwendungsbereich des § 49a Oö. BauO ausgeschlossen. Hierfür steht weiterhin „nur“ § 49 Oö. BauO zur Verfügung.
Fazit
Durch die Einführung des neuen § 49a Oö. BauO wurde neben der „nachträglichen Baubewilligung“ eine weitere Sanierungsmöglichkeit für bauliche Anlagen, die von der ursprünglichen Baubewilligung abweichen, geschaffen. Hierdurch kann ein rechtmäßiges Bestehen von baulichen Anlagen festgestellt werden, wenn diese seit mindestens 40 Jahren bestehen und ursprünglich eine Baubewilligung erteilt wurde (oder ein Baukonsens vermutet werden kann).
Für betroffenen Eigentümer kann dies künftig sowohl in finanzieller als auch wirtschaftlicher Hinsicht eine erhebliche Erleichterung darstellen.
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Dr. Gerald Waitz Mag. Sophie Stürmer
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