Nachhaltigkeitsberichte: Pflichten für Unternehmen ausgeweitet

Unter dem etwas sperrigen Titel der „Nachhaltigkeitsberichterstattung“ sind aufgrund einer EU-Richtlinie („Non-Financial Reporting Directive“ – NFRD; 2014/95/EU), die durch das Nachhaltigkeits- und Diversitätsverbesserungsgesetz ins nationalen Recht („NaDiVeG“) umgesetzt wurde, in Österreich bereits aktuell „große Unternehmen“ zur Nachhaltigkeitsberichterstattung verpflichtet.

Unter „große Unternehmen“ werden iSd des Gesetzes dabei Kapitalgesellschaften von öffentlichem Interesse und im Jahresdurchschnitt mehr als 500 Arbeitnehmer verstanden.

Der Nachhaltigkeitsbericht („nichtfinanzielle Erklärung“) umfasst entsprechend dem derzeit anwendbaren NaDiVeG Angaben des Unternehmens die für das Verständnis des Geschäftsverlaufs, des Geschäftsergebnisses, der Lage der Gesellschaft sowie der Auswirkungen ihrer Tätigkeit erforderlich sind und sich mindestens auf Umwelt-, Sozial- und Arbeitnehmerbelange, auf die Achtung der Menschenrechte und auf die Bekämpfung von Korruption und Bestechung beziehen. Die Analyse hat die nichtfinanziellen Leistungsindikatoren unter Bezugnahme auf die im Jahresabschluss ausgewiesenen Beträge und Angaben zu erläutern.

Im Rahmen des europäischen Green Deals sowie der Agenda für nachhaltiges Finanzwesen hat die Europäische Kommission am 21. April 2021 einen neuen Richtlinienvorschlag über die Nachhaltigkeitsberichterstattung vorgelegt. Nach der einstimmigen Einigung der EU-Mitgliedstaaten im Februar 2022 haben der Rat und das Europäische Parlament im Juni 2022 eine vorläufige Einigung über die Richtlinie über Nachhaltigkeitsberichtserstattung von Unternehmen („Corporate Sustainability Reporting Directive“ – „CSRD“) erzielt.

Ziel der CSRD ist die Lückenschließung der geltenden Vorschriften über die Offenlegung nichtfinanzieller Informationen. Dabei soll die Verpflichtung zur Nachhaltigkeitsberichterstattung deutlich ausgebaut werden, um die Rechenschaftspflicht der Unternehmen zu erhöhen, divergierende Nachhaltigkeitsstandards zu verhindern und den Übergang zu einer nachhaltigen Wirtschaft erleichtern.

Kürzlich hat der Europäische Rat die CSRD am gebilligt. Die Richtlinie wird im Amtsblatt der EU veröffentlicht und tritt nach 20 Tagen in Kraft. Die Mitgliedstaaten haben eine Umsetzungsfrist von 18 Monaten einzuhalten.

 

1. Die umfassten Unternehmen

Mit der CSRD werden detailliertere Berichtspflichten über Nachhaltigkeitsaspekte wie Umweltrechten, sozialen Rechten, Menschenrechten und Governance-Faktoren eingeführt. Die Richtlinie umfasst in ihren Anwendungsbereich zum einen alle börsennotierten Unternehmen (ausgenommen sind börsennotierte Kleinstunternehmen) sowie alle großen Unternehmen, die zwei der folgenden drei Kriterien erfüllen:

  • Bilanzsumme > EUR 20 Mio
  • Umsatz > EUR 40 Mio
  • Zahl der durchschnittlichen Beschäftigten > 250

Zudem umfasst die CSRD auch „nicht-EU“ Unternehmen, die einen Nettoumsatz > EUR 150 Mio in der EU erzielen und die zumindest eine Tochtergesellschaft oder Niederlassung in der EU besitzt.

 

2. Zeitlicher Anwendungsbereich

Ursprünglich im Richtlinienentwurf war eine erstmalige Anwendung der CSRD ab dem Geschäftsjahr 2023 vorgesehen. Mittlerweile ist eine dreistufige Einführung ab dem Geschäftsjahr 2024 vorgesehen, was eine Berichtspflicht im Jahr 2025 bedeutet.

Zunächst soll die CSRD ab dem Geschäftsjahr 2024 für Unternehmen anwendbar sein, die bereits unter den Anwendungsbereich der NFRD fallen.

Ab dem Geschäftsjahr 2025 sind auch alle großen Unternehmen, unabhängig von einer Kapitalmarktorientierung, die bisher nicht vom NaDiVeG erfasst waren, zur Nachhaltigkeitsberichterstattung im Sinne der CSRD verpflichtet. Ab dem Geschäftsjahr 2026 fallen auch börsennotierte kleine und mittlere Unternehmen sowie nicht komplexe Kreditinstitute und firmeneigene Versicherungsunternehmen darunter. Die oben beschriebenen „nicht-EU“ Gesellschaften, sind ab dem Geschäftsjahr 2028 zur Nachhaltigkeitsberichterstattung nach CSRD verpflichtet.

Hervorzuheben ist auch, dass es für börsennotierte Klein- und Mittelunternehmen (KMU) einen Übergangszeitraum geben wird, welcher diese Unternehmen bis 2028 von der Anwendung der Richtlinie ausnimmt.

 

3. Die Berichterstattung

Die CSRD schreibt neben europäischen Nachhaltigkeitsstandards auch auf die externe Prüfpflicht vor. Die Berichterstattung im Sinne der CSRD muss künftig von einem unabhängigen Prüfer zertifiziert werden. Hinsichtlich der Prüfqualität sieht der Richtlinienentwurf vor, dass zunächst eine Prüfung mit begrenzter Sicherheit („limited assurance“) und mittelfristig eine Prüfung mit hinreichender Sicherheit („reasonable assurance“) erfolgen soll.

Die Berichterstattung nach CSRD ist künftig nicht gesondert, sondern im Lagebericht zu veröffentlichen. Zudem sind die Jahres- und Konzernabschlüsse inklusive der Lageberichte im einheitlichen ESEF („European Single Electronic Format“) innerhalb eines Jahres nach dem Bilanzstichtag zu veröffentlichen.

Um die Unternehmensdaten zu standardisieren und vergleichbar zu machen, ist die Europäische Beratergruppe für Rechnungslegung mit der Ausarbeitung von Entwürfen europäischer Standards beauftragt. Der Richtlinienentwurf sieht eine verpflichtende Anwendung dieser „European Sustainability Reporting Standards“ vor. Zusätzlich sollen bis 30.06.2024 vereinfachte Standards für kleine und mittlere börsennotierte Unternehmen geschaffen werden.

 

4. Inhalt der CSRD

Die Unternehmen haben zum einen die Wirkung der Nachhaltigkeitsaspekte auf die wirtschaftliche Lage des Unternehmens festzuhalten („Outside-in-perspektive“) und zum anderen die Auswirkung des Unternehmens auf Menschen und Umwelt festzuhalten („Inside-out-Perspektive“).

Dabei haben die Unternehmen über deren Geschäftsmodell und Strategie im Hinblick auf Nachhaltigkeitsaspekte, Nachhaltigkeitsziele, Rolle der Organe im Zusammenhang mit ESG, Due-Diligence-Prozess bezüglich Nachhaltigkeitsrisiken und die negativen Auswirkungen ihrer Wertschöpfungskette zu berichten.

Die Berichterstattung hat dabei qualitative und quantitative Angaben sowie branchenspezifische Kennzahlen (KPIs) zu enthalten, um die Lage möglichst nachvollziehbar darzustellen.

 

5. Fazit

Aufgrund der Richtlinie werden in Österreich mehr als 2.000 Unternehmen zur Nachhaltigkeitsberichterstattung verpflichtet sein. Bisher waren lediglich etwa 120 österreichische Unternehmen verpflichtet, einen nichtfinanziellen Bericht zu erstellen.

Somit werden zahlreiche Gesellschaften mit dieser Neuerung konfrontiert, welche die erforderlichen Systeme und Prozesse zur Nachhaltigkeitsberichterstattung erst einführen müssen. Wir empfehlen den betroffenen Unternehmen eine ehestmögliche Auseinandersetzung mit ihren künftigen Pflichten in Hinblick auf die Berichterstattung.

Die Richtlinie sollte aber nicht als zusätzliche Last gesehen werden, sondern vorzugsweise als neue Chance, sich mit der Nachhaltigkeit des eigenen Geschäftsmodells auseinanderzusetzen und die Wettbewerbsfähigkeit langfristig abzusichern.

Haben Sie Fragen zur Nachhaltigkeitsberichterstattung? Wir unterstützen Sie gerne dabei.

Mag. Stefan Paschinger                                            

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