Für viele Menschen besteht der Wunsch nach einer eigenen Eigentumswohnung. Eine Möglichkeit, um diesen Wunsch zu verwirklich, ist der Mietkauf. Doch was wird unter Mietkauf genau verstanden und welche gesetzlichen Bestimmungen sind zu beachten?
Die wesentlichen Punkte des Mietkaufs in Österreich haben wir für Sie zusammengefasst:
1. Was ist ein Mietkauf?
Im Anwendungsbereich des Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetzes (im Folgenden kurz: „WGG“) wird unter „Mietkauf“ ein Mietverhältnis mit einer späteren Kaufoption verstanden. Es besteht also die Möglichkeit, das gemietete Objekt nach Ablauf einer bestimmten Mietdauer zu kaufen.
Zu beachten ist, dass es sich hierbei um eine Miete mit Kaufoption handelt, sodass einerseits der Mietvertrag und andererseits der Kaufvertrag jeweils selbständige Rechtsgeschäfte sind.
Zudem sehen die gesetzlichen Vorschriften grundsätzlich keine Anrechnung der während der Mietdauer bezahlten Mietzinse auf den Kaufpreis vor.
Im Gesetz wird der Mietkauf als „Anspruch auf nachträgliche Übertragung einer Mietwohnung in das Wohnungseigentum“ bezeichnet.
In der Regel ist am Beginn des Mietverhältnisses ein sogenannter Finanzierungsbetrag zu leisten, welcher der Bauvereinigung zur Finanzierung von Grund- und Baukosten dient.
2. Wann besteht das Recht auf die Ausübung der Kaufoption?
Mit der WGG-Novelle 2019 wurde der Zeitpunkt, ab dem die gemeinnützige Bauvereinigung die Möglichkeit zur nachträglichen Übertragung in das Eigentum hat, von zehn auf fünf Jahre vorverlegt (§ 15b lit b WGG).
Darüber hinaus kann der Mieter insgesamt dreimal im Zeitraum von 5 bis 20 Jahren nach Mietvertragsbeginn einen Antrag auf nachträgliche Übertragung in das Wohnungseigentum stellen (§ 15e WGG).
Zu beachten ist jedoch, dass diese neuen Bestimmungen nur für Mietverträge gelten, die nach dem 01.08.2019 abgeschlossen wurden.
Mieter, die nach dem 01.08.2019 einen Mietvertrag abgeschlossen haben, können daher die Kaufoption bereits nach einer Mietdauer von fünf Jahren ausüben.
Bei Mietverhältnissen, die vor dem 01.08.2019 abgeschlossen wurden, kann hingegen die Kaufoption frühestens nach Ablauf einer Mietdauer von 10 Jahren durch den Mieter ausgeübt werden. Ein freiwilliges Anbot der Bauvereinigung auf Übertragung der Mietwohnung in das Wohnungseigentum, ist jedoch bereits nach einer Mietdauer von fünf Jahren möglich.
3. Geltendmachung der Kaufoption
Die Geltendmachung der Kaufoption erfolgt mittels Stellung eines Antrages auf Übertragung der gemieteten Wohnung an die gemeinnützige Bauvereinigung. Das Gesetz äußert sich nicht zur Form dieses Antrages, weshalb grundsätzlich jede Äußerung des Mieters, an der Übertragung ins Eigentum interessiert zu sein (auch mündlich oder fernmündlich), als Antrag zu qualifizieren ist.
Die Bauvereinigung hat dann binnen 3 Monaten ein schriftliches Angebot im Sinne eines Fixpreises gemäß § 15d WGG zu legen, wobei die Frist einvernehmlich um bis zu 3 Monate verlängert werden kann.
Legt die Bauvereinigung innerhalb dieser Frist kein Angebot, kann der Mieter einen Antrag bei Gericht stellen. Das Gericht hat die Bauvereinigung dann aufzufordern, binnen eines Monats ein Angebot zu legen. Bei fruchtlosem Ablaufen dieser Frist geht die Kompetenz zur Preisfestsetzung auf das Gericht über, welches den Preis festsetzt.
Der Mieter hat 6 Monate Zeit, um das Angebot der Bauvereinigung schriftlich anzunehmen oder zu erklären, dass er den Mietgegenstand zu dem vom Gericht festgelegten Preis erwerben will.
4. Berechnung des Kaufpreises der Mietkauf-Wohnung
Ausgangsbasis für die Ermittlung des Gesamtkaufpreises der Mietkauf-Wohnung ist der Substanzwert unter Bedachtnahme auf den Verkehrswert, welcher von der Bauvereinigung festgesetzt wird. Dieser Gesamtkaufpreis muss mindestens dem Buchwert entsprechen und in ihm müssen unter anderem die anteiligen Verpflichtungen und die anteilig eingesetzten Eigenmittel der Bauvereinigung Deckung finden (§ 23 Abs 4b WGG).
Der von der Bauvereinigung ermittelte Gesamtkaufpreis entspricht aber nicht jenem Betrag, der bei Ausübung der Kaufoption bar bezahlt werden muss. Vielmehr ist ein sogenannter „Barkaufpreis“ zu bezahlen.
Bei der Ermittlung des Barkaufpreises ist der bereits bezahlte Finanzierungsbeitrag der Mieter zu berücksichtigen, welcher in jener Höhe angerechnet wird, in welcher er bei Beendigung des Mietverhältnisses von der Bauvereinigung zurückzuzahlen wäre (Finanzierungsbeiträge werden pro Jahr um 1 % abgewertet). Weiters ist bei der Ermittlung des Barkaufpreises zu berücksichtigen, dass die Mieter beim Kauf alle Verpflichtungen der Bauvereinigung, zB die anteiligen Darlehen, übernehmen müssen.
Der Gesamtkaufpreis für das Wohnungseigentumsobjekt setzt sich daher aus dem sofort zu leistenden Barkaufpreis und den zu übernehmenden anteiligen Darlehen zusammen. Ein bereits geleisteter Finanzierungsbeitrag wird in der Höhe angerechnet, in welcher er bei Beendigung des Mietverhältnisses zurückzuzahlen wäre.
Der Bauvereinigung ist es auch möglich, den später zu bezahlenden Kaufpreis bereits im Mietvertrag zu vereinbaren. In der Regel wird eine solche Vereinbarung aber nicht im Mietvertrag getroffen.
5. Weitervermietung einer Mietkauf-Wohnung nach Ausübung der Kaufoption
Bei der Weitervermietung einer Mietkauf-Wohnung ist insbesondere Folgendes zu beachten:
Gemäß § 15h WGG gilt für einen Zeitraum von fünfzehn Jahren ab Abschluss des ersten Kaufvertrages der Vollanwendungsbereich des Mietrechtsgesetzes. Das kann im Hinblick auf die Mietzinsbildung und die Kündigungsmöglichkeiten eine erhebliche Einschränkung bedeuten. Als Hauptmietzins darf somit maximal der Richtwert des jeweiligen Bundeslandes ohne weitere Zuschläge herangezogen werden. Darüber hinaus verringert sich der höchstzulässige Hauptmietzins im Fall eines befristeten Hauptmietvertrages um 25 %.
6. Weiterverkauf einer Mietkauf-Wohnung nach Ausübung der Kaufoption
Auch beim Weiterverkauf einer Mietkauf-Wohnung sind Besonderheiten zu beachten:
Der Gesetzgeber will nämlich verhindern, dass mit dem Verkauf von geförderten Wohnungen Spekulationsgewinne erzielt werden. Aus diesem Grund ist in § 15g WGG ein Vorkaufsrecht der Bauvereinigung vorgesehen, welches im Grundbuch einzuverleiben ist. Dieses Vorkaufsrecht erlischt entweder nach der Leistung eines Differenzbetrages oder spätestens nach 15 Jahren ab Abschluss des Kaufvertrages (Spekulationsfrist). Die Löschung des Vorkaufsrechts darf binnen 15 Jahren nach Abschluss des Kaufvertrages ohne Zustimmung der Bauvereinigung nicht vorgenommen werden.
Möchte daher ein Wohnungseigentümer seine Mietkauf-Wohnung binnen 15 Jahren nach Abschluss des Kaufvertrages weiterveräußern, so ist die Bauvereinigung zu verständigen bzw. ein bestimmter Differenzbetrag an die Bauvereinigung zu leisten.
Dieser Differenzbetrag ergibt sich aus dem Verkehrswert der Mietkauf-Wohnung und dem tatsächlich geleisteten Kaufpreis an die Bauvereinigung.
Ausgenommen von diesen Regelungen ist die Übertragung der Wohnung an den Ehegatten, den eingetragenen Partner, Verwandte in gerader Linie, einschließlich der Wahlkinder oder Geschwister, sowie den Lebensgefährten.
Zu beachten ist, dass die Spekulationsfrist erst im Rahmen der WGG-Novelle 2019 von 10 auf 15 Jahre ausgedehnt wurde. Dies bedeutet, dass für Wohnungen, für die ein Antrag auf Übertragung in das Wohnungseigentum vor dem 01.08.2019 gestellt wurde, bloß die zehnjährige Spekulationsfrist zur Anwendung kommt.
7. Fazit
Grundsätzlich handelt es sich beim Mietkauf bloß um eine Miete mit Kaufoption, wobei die gesetzlichen Vorschriften keine Anrechnung der während der Mietdauer bezahlten Mietzinse auf den Kaufpreis vorsehen. Die Kaufoption kann frühestens nach einer Mietdauer von 5 (Mietvertragsabschluss nach dem 01.08.2019) bzw. 10 Jahren (Mietvertragsabschluss vor dem 01.08.2019) durch den Mieter ausgeübt werden. Die Ausübung der Kaufoption erfolgt durch die Stellung eines Antrags an die Bauvereinigung auf Übertragung der gemieteten Wohnung.
Der Gesamtkaufpreis für das Wohnungseigentumsobjekt setzt sich aus dem sofort zu leistenden Barkaufpreis und den zu übernehmenden anteiligen Darlehen zusammen. Ein bereits geleisteter Finanzierungsbeitrag wird in einer zu bestimmenden Höhe angerechnet.
Für den Fall der Weitervermietung einer gekauften Mietkauf-Wohnung gilt für einen Zeitraum von 15 Jahren ab Abschluss des Kaufvertrages der Vollanwendungsbereich des Mietrechtsgesetzes.
Zudem sieht das WGG eine Spekulationsfrist von 10 bzw. 15 Jahren (bei Anträgen auf Übertragung ab dem 01.08.2019) vor. Möchte daher ein Wohnungseigentümer seine Mietkauf-Wohnung binnen 10 bzw. 15 Jahren nach Abschluss des Kaufvertrages weiterveräußern, so ist die Bauvereinigung zu verständigen bzw. ein Differenzbetrag (Verkehrswert der Mietkauf-Wohnung abzüglich dem tatsächlich geleisteten Kaufpreis an die Bauvereinigung) zu leisten.
Unser Team unterstützt Sie gerne bei Fragen zum Mietkauf und anderen mietrechtlichen Themen.
Dr. Gerald Waitz Mag. Sophie Stürmer
Disclaimer: Dieser Beitrag dient lediglich zur allgemeinen Information und ersetzt keine individuelle Rechtsberatung. Für die Richtigkeit, Aktualität und Vollständigkeit wird von Waitz Haselbruner Rechtsanwälte GmbH keine Haftung übernommen.