Aus für Aufgriffsrechte in der Insolvenz eines Mitgesellschafters?

Waitz Rechtsanwälte Team bringt Gesellschafterinteressen vor den OGH

Als Gesellschafter einer GmbH möchte man davor geschützt sein, ohne entsprechende Mitbestimmungsrechte einen Neugesellschafter in die Gesellschaft aufnehmen zu müssen. Bisher war es daher üblich, eine Bestimmung im Gesellschaftsvertrag vorzusehen, wonach der Geschäftsanteil eines insolventen Gesellschafters durch dessen Mitgesellschafter aufgegriffen werden kann. Meist wurde sogar ein Abschlag auf den Aufgriffspreis vorgesehen, um den Mitgesellschaftern die Ausübung ihres Aufgriffsrechts besonders leicht zu machen. Damit ist laut Ansicht des Oberlandesgerichtes Linz nun Schluss.

1. Bisherige Rechtsprechung des OGH

Die Wende brachte eine Entscheidung des OGH aus dem Jahr 2016 (6 Ob 35/16i). Darin erklärte der OGH eine Aufgriffsklausel für sittenwidrig, wonach im Fall der Insolvenz eines Gesellschafters nur der halbe Schätzwert durch die Mitgesellschafter geleistet werden sollte. Das Höchstgericht wiederholte insbesondere seine bisherige Rechtsprechung (6 Ob 142/05 h), wonach eine Regelung in der Satzung einer Personengesellschaft oder einer GmbH wegen Gläubigerbenachteiligung sittenwidrig ist, wenn sie den Entgeltanspruch eines Gesellschafters im Wesentlichen nur für den Fall seines durch Konkurseröffnung bedingten Ausscheidens, nicht aber in einem vergleichbaren Fall auf weniger als den Verkehrswert beschränkt.

2. Aktuelle Entscheidung des OLG Linz

Die Entscheidung wird seitens der Firmenbuchgerichte offenbar nunmehr dahingehend interpretiert, dass ein Abschlag bei einem Aufgriff im Insolvenzfall stets sittenwidrig und damit unwirksam ist. Das Oberlandesgericht Linz ging in seiner Entscheidung aus dem Jahr 2019 (6 R 95/19m) sogar so weit, dass die Vereinbarung eines Aufgriffsrechts im Insolvenzfall überhaupt nicht mehr möglich sein soll. Aus Gläubigerschutzgründen gebe es eine Immunisierung des Geschäftsanteils gegenüber dem Zugriff der Gläubiger in der Insolvenz des Gesellschafters nicht. Die Entscheidung des Oberlandesgerichtes wurde damals nicht weiter bekämpft.

3. Unsere Meinung

Das Team der Waitz Rechtsanwälte vertritt in diesem Zusammenhang die Ansicht, dass der Schutz der Gesellschafterinteressen nicht gänzlich hinter den Gläubigerschutz zurückgedrängt werden darf. Sofern auch in Fällen außerhalb der Insolvenz ein ähnliches Übernahmerecht der Mitgesellschafter im Gesellschaftsvertrag vorgesehen ist, ist nicht ersichtlich, weshalb eine Gläubigerbenachteiligung gegeben sein sollte. Insbesondere wenn sogar für den Fall der entgeltlichen Abtretung an einen Dritten ein Abschlag hingenommen werden muss (z.B. im Rahmen eines Vorkaufsrechts der Mitgesellschafter), wäre es nicht sachgerecht, denselben Abschlag im Fall der Insolvenz eines Gesellschafters als unzulässig zu erachten.

Unser Team hat sich daher entschlossen, den Fall erneut an das Oberlandesgericht Linz heranzutragen. Mit Beschluss vom 24.02.2020 (6 R 19/20m) wiederholte das Oberlandesgericht Linz seine Entscheidung aus dem Jahr 2019, gestand aber ein, dass die Frage, ob Aufgriffsrechte für den Fall der Insolvenz eines Gesellschafters vereinbart werden können, in der oberstgerichtlichen Rechtsprechung bisher offen gelassen wurde. Im Sinne einer einheitlichen Firmenbuchpraxis sei eine Klarstellung durch den Obersten Gerichtshof wünschenswert.

In diesem Sinne wurde von uns ein Rechtsmittel gegen den Beschluss der Oberlandesgerichtes Linz erhoben. Die Entscheidung des Obersten Gerichtshof bleibt abzuwarten. Wir halten Sie auf dem Laufenden.

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